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The Original - Sea Survival Training in Neustadt/Holstein

Aktualisiert: 30. März 2020

Er hat es getan! World Sailing Sea Survival - Training in Neustadt in Holstein.

Seit fast 30 Jahren finden die Sicherheitsseminare der Kreuzer – Abteilung des DSV in Neustadt in Holstein statt. Ich habe mich entschlossen, ein solches Seminar am Einsatzausbildungszentrum Schadensabwehr der Marine (EAZS) zu absolvieren und fahre mit etwas gemischten Gefühlen an die Ostseeküste.


Kein Kindergeburtstag?

Die etwa 30 Teilnehmer trafen sich in einem Hotel in Neustadt/Holstein, das wirklich schon bessere Tage gesehen hat. Ich hatte zuvor für mich bereits entschieden, nicht in diesem Etablissement zu übernachten - prima facie kein schlechter Entschluss.


Der Teilnehmerkreis setzte sich zusammen aus ambitionieren Fahrtenseglern, angehenden Weltumseglern, Regattaseglern und anderen motivierten Freunden des Segelsports. Es lag eine gewisse Anspannung in der Luft, denn – wie einige berichteten – man hatte ja schon einiges über „das Original“ gehört. Das werde wohl kein Kindergeburtstag, wie mir mein Tischnachbar zuraunte.


Die Vorstellung der Ausbilder übernahm Kapitänleutnant a.D. Otto Stöhr, der mit lockerem Schnack und harter Hand gleich deutlich machte, wer hier der Chef im Ring ist. Kurze militärische Einweisung über den Ablauf des Programms an den kommenden zwei Tagen, danach eigenes Verlegen in das Einsatzausbildungszentrum, welches etwa 5 Minuten Fahrweg vom Hotel entfernt liegt.


Militärisch straffe Organisation

In der Kaserne angekommen wird nochmals sehr deutlich, dass wir ein Programm mit militärischen Ausbildern durchlaufen. Klare, präzise Ansagen und Vorgaben. Persönliche Ausrüstung wird auf dem Flur gelagert! Vorgegebene Zeitfenster zum Umziehen! Fragen? Keine? Und Ausführung!


Was erwartet uns?


Zunächst Brandabwehr und Leckabwehr, am kommenden Tag Einsatz von Einzel- und Gruppenrettungsmitteln, Behandlung Unterkühlter sowie Einsatz pyrotechnischer Signalmittel – in Theorie und Praxis. Ein volles Programm.


Theoretische Einweisung in die Brandbekämpfung

Der Lehrgang beginnt zunächst im Hörsaal mit den theoretischen Grundlagen der Brandbekämpfung. Es werden die unterschiedlichen Arten von Feuerlöschern erläutert und in welchen Fällen man welches Löschmittel gebrauchen sollte. Dieser theoretische Teil ist leider zeitlich recht kurz gehalten, da nach dieser Einweisung unverzüglich die praktische Ausbildung anfangen soll und die Gruppe in die Brandhalle geführt wird.


Praktisches Üben der Brandbekämpfung

In der großen Brandhalle erfolgt eine kurze, aber eindringliche Sicherheitsbelehrung, was wir zu tun und zu lassen haben. Danach wissen alle, dass es nun ernst wird. Ausgestattet mit brandfesten Overalls und Mundschutzmasken werden die ersten Freiwilligen gesucht und beachtlich viele Segler melden sich für die ersten Löschversuche.



Den Ausbildern macht es sichtlich Freude, die Brände zu legen und mit entsprechenden Kommandos die Löschmanöver einzuleiten. „Feuer“ ruft der Ausbilder und aus mehr als 20 Kehlen schallt es zurück „Feuer, Feuer, Feuer“ – die Löschübungen beginnen.

Diese Szenarien wiederholen sich in abgewandelter Form – mal ist es die größere Ölwanne, die brennt. Mal die kleinere Wanne, mal ein ausgedienter Hubschrauber. Es wird nicht mit Löschmitteln gegeizt und die Teilnehmer erhalten einen guten Einblick in das, was es heißt, einen kleineren oder auch größeren Brand löschen zu müssen.

Insbesondere ist das Löschen des Hubschraubertorsos und auch das gemeinschaftliche Bekämpfen einer größeren, brennenden Wanne mit einer Flammenhöhe von geschätzt 2,5 bis 3 Metern ausgesprochen beeindruckend.


Wie lösche ich einen brennenden Hubschrauber?


Ich habe mir allerdings die Frage gestellt, wann es denn mal vorkommt, dass ich einen abgestürzten Hubschrauber löschen muss. Das erscheint mir eher selten der Fall zu sein. Insofern wirken die vorgegeben Lagen dieser Brandbekämpfungsübungen für den durchschnittlichen Segler aus meiner Sicht doch ein wenig praxisfern. Hilfreich wäre es hier gewesen, eher einen alten Schiffstorso zu verwenden, wobei mir natürlich bewusst ist, dass es vermutlich schwierig sein dürfte, eine alte Yacht so herzurichten, dass man darin Brandbekämpfungsübungen durchführen kann.


...and it burns, burns, burns - the ring of fire!


Leckabwehr in Theorie und Praxis

Nach diesem durchaus herausfordernden Übungsteil wurde uns von dem Leiter der Ausbildung eine theoretische Einweisung in die Leckabwehr gegeben. Dieser Vortrag war mit vielen Anekdoten angereichert, kurzweilig anzuhören, aber für meinen Geschmack in weiten Teilen zu wenig konkret. Ich hätte mir gewünscht, wenn für die blutigen Anfänger eine systematische Struktur - angefangen von den konkreten Leckabwehrmitteln über deren Einsatzmöglichkeiten bis hin zu typischen Schadensbildern - vermittelt worden wäre. Dies war leider nicht der Fall, denn auch hier drängten die anderen Ausbilder schon wieder, dass es nun unverzüglich in die praktische Ausbildung gehen müsse.


Nachdem sich die Teilnehmer in der Leckbekämpfungshalle eingefunden hatten, wurden mehrere Gruppen gebildet, die in einem nachgebildeten Frachtraum eines größeren Schiffes die Leckabwehr mit Leckstopfen, Holzbalken etc. durchführen mussten. Für jede Gruppe ging es darum, mehrere Leckstellen möglichst schnell zu orten und das massiv einströmende Wasser mit den Leckstopfen, Bohlen etc. in den Griff zu bekommen. Dies ist den verschiedenen Gruppen mehr schlecht als recht gelungen.


Leckabwehr mit vereinten Kräften


Deutlich wurde, wie schwer es ist, genau festzustellen, wo sich die Leckstelle tatsächlich befindet, wenn in großer Aufregung alle durcheinanderrufen und keine geordnete Leckortung stattfindet. Außerdem war klar zu sehen, wie schnell ein Schiff vollläuft, wenn man nichts gegen den unmittelbaren Wassereinbruch unternimmt.

Auch in diesem Zusammenhang bleibt für mich festzuhalten, dass ich sicherlich einen guten Eindruck davon bekommen habe, wie schwer es ist Leckortung und Leckbekämpfung zu betreiben. Tatsächlich war mir dieser Abschnitt aber auch zu weit weg von den tatsächlichen Gegebenheiten, die ein Yachtsegler bei einem Wassereinbruch vorfindet. Vermutlich werde ich in meinem seglerischen Leben nicht damit konfrontiert werden, im Bauch eines Frachtschiffes ein Leck zu orten und dies mit größeren Holzbohlen bekämpfen zu müssen. Ein realistischeres Szenario, etwa durch mit einer ausrangierten Yacht, die geflutet wird, wäre für mich da deutlich hilfreicher.


Der Höhepunkt: Die „Kotzinsel“

Nachdem der erste Tag mit vielen Eindrücken zu Ende gegangen war, bin ich in das nahegelegene Scharbeutz zu meinem dortigen Hotelzimmer gefahren. Wie gesagt: Das altehrwürdige Haus in Neustadt schien mir dann doch nicht so einladend.


Am nächsten Tag fanden sich alle Teilnehmer mit gemischten Gefühlen morgens wieder in der Kaserne ein. Denn alle wussten: Nun geht`s los mit dem eigentlichen Kernstück der Ausbildung – das Besteigen von Rettungsinseln sollte geübt werden. Zunächst erhielten alle Teilnehmer ausgemusterte Bundeswehr – Uniformen. Es erfolgte eine militärisch präzise Einweisung, was nun auf uns zukommen wird: Erklärung der Funktionsweise der Rettungsinsel, danach Besteigen der Rettungsinsel und Verharren in der Insel, während dessen das Wellenbad im Betrieb ist, danach Erklimmen eines etwa fünf Meter hohen Rettungsnetzes zum Simulieren des Anbordgehens eines aufnehmenden Schiffes. Nachdem sich alle auf dem „Schiff“ gesammelt hatten, Sprung aus ca. 5 – 6 Metern ins Wasser und dabei manuelles Auslösen der Rettungsweste kurz vor dem Eintauchen in das Wasser. Im Wasser sollen sich alle zusammenfinden, um einen Kreis zu bilden. Danach aus dem Wasser einsteigen und wieder aussteigen in die Rettungsinseln, die im Wasser umhertreiben.

Die Ruhe vor dem Sturm - gleich geht es in die Rettungsinseln


Dann geht es los. Ich befinde mich im Handumdrehen mit vier anderen Teilnehmern in der Rettungsinsel und es fängt massiv an zu schaukeln. Schnell kommen mir die Worte des Ausbilders in den Kopf: „Wenn Euch schlecht wird, dann fangt an zu singen.“ Und denen anderen scheint es wie mir zu gehen. Wir zögern nicht lange und stimmen ein Lied an. „Wir lagen vor Madagaskar und hatten die Pest an Bord.“ Eine etwas skurrile Situation, aber es hilft tatsächlich. Jedenfalls ist mir deutlich geworden, dass es keine Freude bereitet, länger in einer Rettungsinsel verweilen zu müssen. Zumal wir auch eine eher überschaubare Welle hatten, die aber schon ausreichte, um uns alle singen zu lassen.


Nach langen Minuten ging es paddelnd zu dem Kletternetz. Ohne größere Schwierigkeiten konnte ich die „Bordwand“ erklimmen. Oben angelangt ist es doch ganz schön hoch – vor mir sprangen bereits die ersten Teilnehmer wieder ins Wasser. Aber einige verweigerten auch, weil ihnen die Höhe zu schaffen machte. Dann war ich an der Reihe. 1, 2, los – Sprung. Das sind 2 lange Sekunden, bis man endlich ins Wasser eintaucht. Manuelles Auslösen der Weste nicht vergessen, aber dafür sind beim Absprung die Hände schon richtig gelegt worden. Alles geht gut, die Weste geht auf und ich schwimme zu den anderen Teilnehmern, die bereits einen „Schwimmkreis“ gebildet haben. Die Überlegung hierhinter ist, dass man auf der offenen See unbedingt in der Gruppe zusammenbleiben soll. Man kann aus der Luft besser gesehen werden, man kann sich helfen – und der Hai weiß nicht, wen er zuerst beißen soll.


Danach wird einstweilen Übungsunterbrechung befohlen. Ein Teilnehmer hat sich beim Ein- oder Aussteigen der Rettungsinsel den Fuß verdreht und auch dem einen oder anderen geht es offenbar nicht mehr ganz so gut.


Nachdem alles aus dem Wasser befohlen wurde, geht es nun an die Überprüfung der eigenen Rettungsweste. Meine Secumar ist noch bis 2020 gewartet und ich bin durchaus einigermaßen gespannt, ob die Weste so auslöst, wie sie soll. Vornüber ins Wasser fallenlassen, nachdem der richtige Sitz der Weste von den Ausbildern kontrolliert worden ist. Im Grunde muss die Weste so fest sitze, dass man gerade so mit der Hand dahinter fassen kann. Dann darf kein Spiel mehr sein. Ich falle also ins Becken und – die Weste löst aus. Perfekt. Die Weste dreht mich fast von allein auf den Rücken, Ich treibe in Embryonalhaltung dahin. Neben mir schwimmt ein anderer Teilnehmer. Wie befohlen greife ich nach ihm, halte mich an ihm fest und bin nun Teil des überdimensionalen Schwimmkreises, der durch das Hallenbad schaukelt.

Mit ausgelöster Rettungsweste: Dahintreiben in Embryonalhaltung


Nach kurzer Zeit wird der Kreis aufgelöst und wir sollen nun in die zwei Rettungsinseln, die herumschwimmen, wie in einem Parcours ein- und aussteigen. Das ist ein schwieriges und anstrengendes Unterfangen. Es wird geschoben und gezogen. Und es ist auch nicht ganz ungefährlich. Wieder verdreht sich einer den Fuß und bricht die Übung ab.

Ein- und Aussteigen in und aus den Rettungsinseln


Dann endlich Übungsende. Alle aus dem Wasser.


Wir atmen kurz durch, aber es geht Schlag auf Schlag: Nun wird ein Aspekt vorgeführt, der mich nachhaltig beeindruckt hat. Eine Freiwillige wird von dem Ausbilder in die Wellen gehalten, und zwar einmal mit einer sog. Sprayhood der Rettungsweste und einmal ohne die Schutzkappe. Nach drei Wellen schnappt die Teilnehmerin massiv nach Luft. Der Ausbilder erklärt uns, dass viele Ertrinkensfälle von in Seenot befindlichen Personen dadurch geschehen, dass die Personen von Wellen überrollt werden und nach kurzer Zeit an dem Wasser der Wellen ertrinken, sofern sie keine Sprayhood an ihrer Rettungsweste haben. Das Wasser läuft in die Nase, man kann sich dagegen gar nicht wehren, da die Weste eine bestimmte Lage im Wasser vorgibt und Wind und Wellen den Körper so drehen, dass die Wellen über einen hinüberrollen.


Für mich folgt daraus, dass Rettungswesten ohne Sprayhood im Grunde wertlos sind. Erfreulicherweise hat meine Secumar – Weste eine solche Schutzkappe und ich kann tatsächlich nur jedem empfehlen, sich eine Rettungsweste mit Sprayhood anzuschaffen.

Nach einer kurzen Übung zum Abbergen mit dem Hubschrauber – Achtung: Nie an den Haken fassen! – wurden die Westen eingesammelt, damit sie fachmännisch gewartet werden. Nach einigen Wochen habe ich meine Weste per Post zurückerhalten.


Zum guten Schluss: Ein schönes Feuerwerk!

Nachdem die Teilnehmer diesen anstrengenden Übungsteil absolviert hatten, wurde nach draußen verlegt, um den Umgang mit pyrotechnischen Signalmitteln geübt. Das war tatsächlich weniger spektakulär, als es klingt. Letztlich haben wir das Abbrennen einer Handfackel und das Verschießen von Signalmunition aus dem Sechsfach – Signalgeber geübt. Bei dem Abbrennen der Handfackel ist zu beachten, dass man nicht in die Flamme hineinschaut und das Signalmittel bestmöglich weit hinten anfasst. Das Verschießen der Signalmunition sollte im Übrigen weit vom Körper in einem weitgehend geraden Abschusswinkel nach oben erfolgen.

"Prominenter" Kursteilnehmer: Niklas Heineke von sailing naked



Nachdem auch dieser Teil erfolgreich beendet worden war, erhielten die Teilnehmer in der Offiziersmesse der Schule die World Sailing - anerkannten Personal Sea Survival – Teilnahmebescheinigungen. Nach einem kurzen gemeinsamen Umtrunk habe ich mich dann auf dem Heimweg gemacht.


Fazit

Als Fazit kann ich sagen, dass sich die Veranstaltung in jedem Fall gelohnt hat. Die Ausbilder waren erkennbar mit Begeisterung und großer Erfahrung bei der Sache. Insbesondere der zweite Tag und dabei die Übungseinheiten im Wellenbad waren für mich besonders hervorstechend und auch durchaus eine gewisse Herausforderung. Wer aber ein wenig fit ist, sollte die Übungen ohne weiteres bewältigen können. Die Brandlösch – und Leckageübungen waren für mich von der Übungslage nicht so passend und damit auch nicht recht praxisorientiert speziell für Yachtsegler. Insofern interessiert es mich, wie andere zertifizierte Anbieter diese Themen bearbeiten. Im Falle einer Wiederholung würde ich daher auch einen anderen Anbieter buchen. Aber es war auf jeden Fall ein Erlebnis dabei gewesen zu sein. Daher kann ich auch nur jedem, den das Thema „Personal Sea Survival“ interessiert, dieses Seminar zu buchen. Es ist und bleibt eben – das Original!

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