Nachdem ich im vergangenen Sommer als "Aushilfssegellehrer" (offiziell: Wassersportassistent (VDWS)) bei Windsurfing Föhr mitgearbeitet habe und nach entsprechendem Prüfverfahren mit Stellungnahme des Stationsleiters in den Verband der Deutschen Wassersportschulen (VDWS) als Mitglied aufgenommen worden bin, darf ich nun "stolz" das T-Shirt mit dem Hinweis "Watersport Instructor" tragen.
Aber was heißt das eigentlich? Bin ich jetzt ein echter Segellehrer?
Nein, mit Sicherheit nicht. Aber wer weiß das schon. Insbesondere ist es für Segelanfänger völlig unübersichtlich, was man eigentlich für welches Boot an Scheinen benötigt. Welche Verbände gibt es eigentlich? Wo wird was anerkannt? Und auf welches Ausbildungen, Kurse und Scheine kann ich eigentlich getrost verzichten.
Ich habe mir diese Fragen zu Beginn meiner "Segelkarriere" auch gestellt, konnte sie aber bei dem Dschungel der Verbände und Scheine letztlich auch nicht für mich auflösen. Und die Segelschulen und -lehrer haben naturgemäß nicht wirklich ein nachhaltiges Interesse daran, Licht ins Dunkel zu bringen, da sie ja letztlich mit den verschiedenen Kursen, die sie anbieten, ihr Geld verdienen. Spätestens dann aber, wenn man mit einem VDWS - Segelschein mit höheren Stufe (auf der Rückseite der Segelschein - Card bekommt man für jede weitere Stufe einen Aufkleber) bei einer VDS - Segelschule an der Alster ein einfaches Segelboot mieten möchte und dann aber gesagt bekommt, dass dieser Schein für das Mieten nicht anerkannt wird, weiß man, dass man sich im Labyrinth der verschiedenen Scheine und Verbände verlaufen hat.
Daher möchte ich an dieser Stelle eine kleine Übersicht geben, was aus meiner Sicht eigentlich an Kursen und Scheinen sinnvoll ist und auf was man im Grunde auch verzichten kann.
Zunächst zu den Verbänden:
Der VDWS Verband Deutscher Wassersport Schulen e.V. ist ein Verband für Surf, Kite, Jolle, Cat und SUP mit einer internationalen Präsenz im Strandwassersport. Der VDWS ist nicht staatlich anerkannt und daher auch nicht berechtigt, offizielle und behördlich anerkannte Segelscheine herauszugeben. Da der VDWS allerdings über ein gr0ßes Netzwerk von Segelschulen im In- und Ausland verfügt, kann man an jeder VDWS - Station mit den passenden VDWS - Segelscheinen auch die entsprechenden Wassersportgeräte ausleihen. Sofern also ledglich Interesse daran besteht, im Urlaub Strandwassersport zu betreiben, reicht es nach meiner Auffassung vollkommen aus, einen entsprechenden Grundschein für einen Katamaran oder für eine Jolle bei einer VDWS - Schule zu absolvieren.
Neben dem VDWS gibt es den VDS Verband Deutscher Sportbootschulen e.V. Strukturell ist der VDS im Grunde ähnlich einzuordnen, wie der VDWS. Nach meiner Einschätzung ist es allerdings so, dass der VDS neben dem Strandwassersport auch die Yachtsegelausbildung im Blick hat, was bei den VDWS - Schulen in überwiegendem Maße nach meiner Wahrnehmung nicht der Fall ist. Zu diesem Zweck bietet der VDS auch einen eigenen Grundschein für Yachtsegeln und ein Certficate for Yacht Operators an.
Viele VDS - Schulen bieten allerdings auch Kurse für die offiziellen Segelscheine an. Hiernach können dann die Prüfungen über die jeweiligen Prüfungsausschüsse der Bundesländer abgenommen werden und die Scheine werden danach vom DSV ausgestellt.
Der 1888 gegründete Deutsche Segler-Verband e. V. (DSV) ist die nationale Interessenvertretung und der Spitzensportverband der deutschen Segler. Er ist Dachverband für knapp 1300 Segelvereine und Surfclubs (Stand September 2016), für 16 Landesseglerverbände und 85 Klassenvereinigungen. Im Auftrag des Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur organisiert der DSV mit seinen Prüfungsausschüssen, dem Koordinierungsausschuss für den amtlichen Sportbootführerschein See und der Zentralen Verwaltungsstelle, das komplette amtliche deutsche Sportbootführerscheinwesen im Bereich Segeln.
Daneben gibt es noch den DHH - der Deutsche Hochseesportverband HANSA e. V. (DHH) ist ein gemeinnütziger Verein, der auf Segelausbildung ausgerichtet ist. Er hat rund 16.000 Mitglieder. Hierbei handelt es sich um einen traditionsreichen Verein, dessen langjährige Vergangenheit gerade mit Blick auf die NS - Zeit allerdings nicht unumstritten ist, wie sich z.B. unter Wikipedia nachlesen lässt. Unabhängig davon bietet der DHH allerdings eine umfassende Segelausbildung an mit der Möglichkeit, die verschiedenen offiziellen Scheine zu erwerben.
Welchen Segelschein benötige ich denn nun eigentlich?
Letztlich kommt es darauf an, wann man wo segeln möchte. Wenn ich lediglich im Sommerurlaub mal einen Katamaran oder eine Jolle mieten möchte, dann reichen die Basis - Grundscheine des VDWS oder des VDS vollkommen aus. In diesem Fall braucht man keine offiziellen anderen Scheinen. Dabei muss einem aber auch bewusst sein, dass man sich mit diesen Scheinen dann ausschließlich in dem jeweiligen Universum des Verbandes bewegt, dessen Schein man erworben hat. Eine wechselseitige Anerkennung der Scheine zwischen dem VDS und dem VDWS ist zwar nach meiner Kenntnis mal beschlossen worden - in praxi habe ich aber in einer VDS - Segelschule die Erfahrung sammeln dürfen, dass mein VDWS - Schein dort nicht anerkannt wurde; dies mit dem Hinweis darauf, dass die Ausbildung beim VDWS zu "oberflächlich" wäre.
Möchte man sich allerdings unabhängig bewegen und aus dem jeweiligen Verbandsunviversum "ausscheren", kommt man nicht umhin, einen Sportbootführerschein Binnen unter Segeln zu erwerben. Allerdings muss man sich in diesem Fall vor Augen führen, dass dann z.B. das Segeln von Strandkatamaren an VDWS - oder VDS - Schulen nicht möglich ist.
Mein Rat wäre daher, durchaus beide Scheine zu machen, wenn man sich unterschiedliche Bootsklassen offenhalten will. Sofern man ohnehin kein Interesse am Katamaran - Segeln hat, kann man sich die verbandseigenen Scheine m.E. sparen und gleich einen offiziellen Sportbootführerschein Binnen unter Segeln erwerben. Mit einem solchen Schein kann man dann ohne Probleme an allen DSV - angebundenen Segelschulen Jollen mieten.
Comments