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Elbsegelei mal zart, mal hart - Auf Tuchfühlung mit dem größten Containerschiff der Welt

Am 12. September starteten Ralf und ich um 07.30 Uhr in Alsterdorf, um möglichst früh am Yachhafen in Wedel zu sein. Dort wartete "Dornröschen" auf uns - eine Segelyacht vom Typ Achat, aus Holz von 8,25 m Länge und 2,50 Breite bei einem Tiefgang von 1,40 m, die in den 1970er- Jahren von der deutsche Traditionswerft Burmester gebaut worden ist. SY Dornröschen ist die Segelyacht des Yachtclubs Meridian, die wir an diesem Tage auf der Elbe segeln dürfen. Ein wirklich schönes Boot!

SY Dornröschen


Auch wenn ich bereits einige Mal auf der Elbe unterwegs war, z.B. bei Skippertrainings von Finkenwerder aus in den Hamburger Hafen oder auf Törn nach Cuxhaven und Helgoland, ist es doch immer wieder einer besondere Herausforderung, auf der Elbe zu segeln, denn anders als etwa auf der Ostsee gibt es eine wesentliche Größe, die unbedingt zu berücksichtigen ist: Die Tide.


Die Elbe ist bis Hamburg ein Gezeitenrevier mit im Mittel etwa drei Meter Tidenhub. Nicht ohne Grund heißt es auf der Elbe "Segeln im Takt der Tide". Wer sich gegen die Tide stellt, segelt rückwärts, oder seitwärts - oder beides. Das ist bei einem Tidenstrom von bis zu 5 kn auch keine ernsthafte Überraschung. Ich kann mich noch gut an unseren letzen Törn nach Helgoland erinnern. Da ist uns genau das passiert: Weil der Skipper zu spät loskam, sind wir auf der Kreuz vor Blankenese tatsächlich rückwärts gesegelt, weil der Strom uns trotz Windstärke von 4-5 kn elbaufwärts gedrückt hat. Wer auf der Elbe unterwegs ist, sollte sich mit Gezeitensegeln auskennen. Das Ansteuern von Hafeneinfahrten und Flussmündungen muss bei starkem Querstrom mit Achtsamkeit erfolgen. Viele der Häfen entlang der Elbe fallen bei Niedrigwasser vollständig trocken. Einen Gezeitenkalender sollte man immer dabei haben; er bestimmt oftmals, wann man Häfen ansteuern oder wieder verlassen kann.


So heisst es denn auch in einem Artikel der Yacht aus dem Jahre 2006:


"Die Gezeiten im Zusammenspiel mit dem Elbstrom machen die Unterelbe vom größten deutschen Seehafen bis zur Mündung in der Nordsee zu einem der anspruchsvollsten Segelreviere Deutschlands. Wer hier klarkommt, sind sich Elbskipper einig, kann überall segeln."


Zurück zu unserer "Dornröschen": Die Achat ist von Bruce Farr designt und von der deutschen Traditionswerft Burmester gebaut worden. Zwei klangvolle Namen im Segelsport:


Bruce Farr ist ein neuseeländischer Konstrukteur von Regatta- und Fahrtenyachten und beschäftigte sich seit frühester Jugend mit dem Segeln und mit dem Design und Bau von Booten. Bekannt geworden ist Bruce Farr vor allem durch Erfolge der von ihm entworfenen Yachten bei den wichtigsten Hochsee-Regatten von der Sydney-Hobart-Regatta über das Volvo Ocean Race bis zur Vendée Globe und mehrere Teilnahmen seiner Yachten als Herausforderer beim America’s Cup. Auch Serienyachten gehören zu seinen Arbeiten.


Die Burmester Werft wurde 1920 in Bremen-Burg gegründet. Schwerpunkt der Werft nach dem 2. Weltkrieg war der Bau von privaten Segel- und Motoryachten, insbesondere von „Hochseeyachten internationaler Klasse“ wie bereits vor dem Krieg. Zu den bekanntesten Yachtbauten der Werft gehören, außer vielen Yachten für die „Reichen der Welt“, zum Beispiel die erste Roland von Bremen, Siegerin des Transatlantik-Rennens im Jahr 1936, und – im Eigenbesitz von Ernst Burmester – die Aschanti IV von 1954, damals die größte deutsche Segelyacht.


Und wir nun also mit fast 9 Metern von Burmester und Farr unterwegs. Schon ein gutes Gefühl! Nach kurzem Abbau der Persenning konnten wir gegen 09.00 Uhr ablegen, was auch erforderlich war, denn der Strom sollte um 11.25 Uhr kippen, sodass uns etwa 2,5 Stunden blieben, um elbaufwärts wie geplant bis nach Finkenwerder zu segeln.

Klar zum Ablegen


Kurz nach dem Ablegen in Wedel setzten wir Groß und Fock und bei leichten 2-3 Windstärken ließen wir uns gemächlich mit dem Strom Richtung Hamburg treiben. Elbsegeln kann so entspannt sein.

Ohne Lazy Bags oder Lasy Jacks: Die Segel am Baum sauber gefaltet

Entspannt die Elbe heraufsegeln

Die ersten Pötte querab


"Ich weiß gar nicht, was die immer alle haben mit dem Segeln auf der Elbe. Es ist doch alles easy.", sagte ich zu Ralf. "Aber man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.", kam gleich die Einschränkung. Denn ich traute dem Frieden nicht. Ich hatte vor unserem Ablegen das Wetter angesehen und wusste, dass es am Nachmittag aufbrisen würde: Bis zu 20 kn waren angesagt, in Böen sogar bis 30 kn! Und ich sollte tatsächlich mit meinem Argwohn recht behalten. Denn es kam noch richtig "dicke". Aber dazu später mehr.


Erst einmal liefen wir entspannt am Elbstrand Wittenbergen, am Falkensteiner Ufer und am Blankeneser Treppenviertel vorbei, bis sich vor uns das Mühlenberger Loch auftat, ein Bereich, in welchem regelmäßig mehr Wind ist, weshalb dort auch die Segelvereine ihre Regatten und Trainings abhalten.

Blankeneser Treppenviertel vom Wasser aus

Blankenese querab


Vorbei an den Hallen von Airbus, die eine gehörige Windabdeckung darstellen, wenn der Wind aus West/Südwest weht, ging es Richtung Anleger Finkenwerder. Von dort startet die Yachtschule Eichler regelmäßig zu Törns Richtung Helgoland. Wenn man noch nicht in Tidenrevieren und insbesondere noch nicht in der Nordsee gesegelt ist, kann ich diese Törns von Robert Eichler als Einstieg wirklich sehr empfehlen.


Pünktlich um 11.30 Uhr waren wir am Anleger Finkenwerder, wichen zwei Fähren aus und fuhren die Wende, um mit dem kippenden Strom wieder elbaufwärts zu segeln. Die Fließrichtung des Stroms kippt infolge der Elbvertiefung mittlerweile fast schlagartig. Längeres Stauwasser, das man früher in die Planung einberechnen konnte, gibt es kaum noch.


Unmittelbar nachdem wir nun Richtung Wedel unterwegs waren, frischte der Wind erheblich auf. Zunächst fuhren wir noch unter vollem Tuch. Insbesondere mussten wir uns nun mit dem Schiffsverkehr auf der Elbe auseinandersetzen. Dicke Pötte von allen Seiten. Von achtern steuerte ein größerer Frachter die Elbe runter. Wie ein kleiner Pilotfisch umschwirrte ein Strandkatamaran, der auf dem Strom unterwegs war, das große Schiff. Für mich als Katamaran - Segler ein besonderer Anblick.

Steuerbord querab: Ein Strandkatamaran auf der Elbe!


Kaum hatte uns dieser dicke Pott passiert, kam ein noch dickerer Pott die Elbe rauf - 400 Meter lang, 61 Meter breit und Platz für rund 24.000 Standardcontainer: Die "HMM Algeciras" gilt als das derzeit größte Containerschiff der Welt und lief direkt auf uns zu. Wir entschlossen uns, HMM Algeciras an ihrer Backbordseite zu passieren und hinter ihr die Fahrrinne zu queren, um nicht auf Legerwall zu laufen, da der Wind aus West/Südwest immer weiter zu nahm und uns zunehmend in Richtung des Nordufers der Elbe drückte.

HMM Algeciras voraus.


Backbord querab: Das größte Containerschiff der Welt!


Bloß nicht auf Legerwall: Quer durch die Fahrrinne.


Weiter ging es - und der Wind nahm immer mehr zu. Die Böen waren zwischenzeitlich wie angekündigt bei um die 30 kn und der Grundwind bei 20 kn. Wir hatten zwar die Fock gerefft, mussten aber feststellen, dass das immer noch nicht reichte. In den Böen legte sich das Boot beachtlich quer und war weder durch aussteuern, noch durch fieren gut händelbar, sodass wir uns entschlossen, auch ins Groß das Reff einzubinden.

Zurück nach Wedel bei ordentlich Wind


Nach dem Reffen von Groß UND Fock ließ sich das Boot deutlich besser segeln. Dennoch waren die Böen immer noch eine Herausforderung. Andere Boote, die mit uns liefen, hatten zwischenzeitlich schon die Segel gestrichen und fuhren gegen die steile Welle, die sich mittlerweile aufgebaut hatte, unter Motor.


Von besonderem Interesse war dabei der Umstand, dass wir nach Westen zurück mussten - und der Wind aus West/Südwest wehte, was bedeutete, dass wir die letzten 10 Seemeilen auf die Keuz gingen. Dornröschen ließ uns allerdings nicht im Stich und lief zügig mit 6 kn, sodass wir wohlbehalten wie geplant am Nachmittag vor Wedel das Tuch herunterzogen und im Yachthafen einliefen.


Der Anleger klappte perfekt, nachdem wir beim Ablegen ein wenig Probleme mit dem Außenborder hatten und uns vorsorglich in eine andere Box verholt hatten, aus der wir dann aber ohne weitere Schwierigkeiten ablegen konnten.


Wir waren uns einig: Elbe ist eben doch ELBE und nicht easy - auch wenn man das bei wenig Wind vielleicht für einen Moment glauben könnte. Aber davon sollte man sich beim besten Willen nicht täuschen lassen. Wir freuen uns jedenfalls auf weitere Törns auf der Unterelbe zwischen Hamburg und Cuxhaven im kommenden Jahr.

Schön war`s ! Bis zum nächsten Mal auf der Unterelbe.

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